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. . . Ernst Zinsser. 1904 - 1985

Portrait Ernst Zinsser

Geboren am 26.6.1904 in Köln

1924 - 29 Studium an der TH Stuttgart und TH Karlsruhe
1931 - 34 Ausbildung zum Regierungsbaumeister in Berlin
1934 Gründung des eigenen Architekturbüros in Berlin

1947 - 64 Mitglied im Sachverständigen-Beirat von Hannover
1947 - 71 Professor für Entwerfen an der TH Hannover
1965 - 73 Büro-Partnerschaft mit Hans-Jürgen Meyer-Delvendahl

Gestorben am 16.12.1985 in Hannover

 

 


Ernst Adolf Zinsser wird 1904 als Sohn eines Hautarztes in Köln geboren und wächst in wohlhabenden Verhältnissen auf. Bereits während seiner Schulzeit hat er den Wunsch Architekt zu werden, in dem er durch den für Planungen in Köln befindlichen Hamburger Oberbaudirektor Fritz Schumacher persönlich bekräftigt wird. Nach seinem Abitur am Realgymnasium in Köln 1924 absolviert er ein Baupraktikum auf der Baustelle des Haus des Deutschtums in Stuttgart, einem Entwurf von Paul Schmitthenner. Zinsser beginnt in Stuttgart bei Schmitthenner sein Architekturstudium, wechselt aber bereits nach einem Semester aus gesundheitlichen Gründen an die TH Karlsruhe. So ist für Zinsser weniger die "Stuttgarter Schule" prägend, denn insbesondere von den Karlsruher Lehrern Max Laeuger und Gisbert von Teuffel ist er nachhaltig beeindruckt. Nach seinem Vorexamen 1927 unternimmt er mehrere Studienreisen ins Ausland und studiert für ein Jahr in Danzig und Dresden. Zurück in Karlsruhe, gewinnt er einen studentischen Jahreswettbewerb für eine "Festplatzanlage", die ihm als Diplom-Arbeit anerkannt wird. Das Diplom-Examen besteht Zinsser 1929.

Zunächst bleibt Zinsser in Karlsruhe als Assistent am Lehrstuhl für Bauformenlehre von Professor Gisbert von Teuffel, in dessen Privatbüro er ebenfalls beschäftigt ist. Auf Wunsch des Vaters beginnt Zinsser dann 1931 eine Ausbildung zum Regierungsbaumeister in Bonn und Berlin, mit der er in den Jahren der Weltwirtschaftskrise über ein gesichertes Einkommen verfügt. Nebenher beteiligt er sich an Wettbewerben und gewinnt 1932 für das Reichsehrenmal in Bad Berka einen Preis. Nach dem zweiten Staatsexamen im Januar 1934 scheidet er aus dem Staatsdienst aus und gründet mit seinem Studienfreund Fritz Schaller ein gemeinsames Architekturbüro in Berlin. Aus einer Entwurfstätigkeit für den nationalsozialistischen "Reichsbund der deutschen Freilicht- und Volksschauspiele" entwickelt sich ab 1934 eine umfangreiche Bautätigkeit von sogenannten Thingplätzen, Freilichtbühnen zur Aufführung kultischer Festspiele, mit denen das Gefühl einer nationalsozialistischen Volksgemeinschaft gefestigt werden soll. Dabei kann Zinsser auf seine bisherige Entwurfserfahrung aus dem Diplom oder dem Reichsehrenmalententwurf zurückgreifen. Insgesamt realisiert Zinsser in der Bürogemeinschaft mit Fritz Schaller acht Thingplätze, die sich durch ihre Einfachheit und eine sensible Einbettung in die örtliche Topographie auszeichnen.

Aus einer persönlichen Bekanntschaft mit Carl Schwichtenberg, einem Ingenieur der Vereinigten Leichtmetall-Werke VLW in Bonn, ergibt sich 1935 der Auftrag für den Aufbau eines neuen Industriewerks der VLW in Hannover, der von Schwichtenberg betreut wird. Deswegen beendet Zinsser 1935 die Bürogemeinschaft mit Fritz Schaller und siedelt nach Hannover über. Zinsser ist für den Entwurf sämtlicher Bauten der VLW in Hannover verantwortlich und wird aufgrund dieser Tätigkeit im Zweiten Weltkrieg vom Militärdienst freigestellt, zumal er infolge dieser Beschäftigung mit weiteren Rustüngsaufträgen, etwa für das Focke-Flugzeugwerk, beauftragt wird. Seine Industriearchitektur weist mit ihrer klaren und funktionalen Gliederung zwar eine rationalistische Grundhaltung ohne pathetischen Schmuck auf, besitzt aber keine ausdrücklich moderne Gestaltung. Wie bei zahlreichen anderen Architekten seiner Generation handelt es sich bei Zinssers Tätigkeit um keine aktive Zuflucht im Industriebau aus architektonischen Gründen, wie sie Rudolf Lodders formuliert, sondern um eine sich eher zufällig ergebende Beschäftigung, die zum Entgehen des Militärdiensts genutzt wird.

Nach dem zweiten Weltkrieg ist Zinsser als in Hannover etablierter Architekt frühzeitig an der Planung des Wiederaufbaus beteiligt und wird durch den Stadtbaurat Otto Meffert in den Sachverständigen-Beirat der Stadt Hannover berufen, der durch seine Ratschläge Einfluß auf den Wiederaufbau Hannovers nimmt. Daneben ist Zinsser mit etlichen Instandsetzungs- und Sicherungsmaßnahmen beschäftigt. Da er im "Dritten Reich" politisch nicht in Erscheinung getreten ist, gilt er als politisch unbelastet. Im Juli 1947 wird ihm daher der Lehrstuhl für Entwerfen und Gebäudekunde B an der TH Hannover übertragen, in Vertretung für Gerhard Graubner. Nach dessen Rückkehr wird Zinsser dann 1949 zum Professor am Lehrstuhl für Entwerfen und Gebäudekunde A. Gemeinsam mit Gerhard Graubner und Otto Fiederling prägt Zinsser in Hannover die Architekturlehre der Nachkriegszeit. In seinen gebäudekundlichen Vorlesungen vermittelt er die Bemühungen, die vielseitigen funktionellen Forderungen moderner Bauten zu erfüllen und mit den gestalterischen Absichten in Einklang zu bringen.

In den Fünfziger Jahren gehört Zinsser zu den bedeutendsten Hannoveraner Architekten und nimmt mit zahlreichen Bauten großen Einfluß auf den modern geprägten Wiederaufbau der Stadt, wie etwa mit der Sparkasse Goseriede von 1950, einer der frühesten Bauten in Hannover, der mit seiner Gestaltung an den Tendenzen moderner Architektur anknüpft. In der Detaillierung mit flächenbündigen Fenstern oder den verwendeten Materialien wie dem Backstein äußert sich das Vorbild der skandinavischen Moderne auf die Architektur Zinssers. Ein Charakteristikum seiner Bauten ist die betonte Flächigkeit der in ausgewogenen Proportionen gestalteten Fassaden, die eine bewußte Abkehr von der stark konturierten Architektur des 19. Jahrhunderts darstellt. 1954 werden vier seiner Bauten als vorbildliche Leistungen des Wiederaufbaus mit dem Laves-Preis der Stadt Hannover ausgezeichnet. Obwohl Zinsser keine rein städtebaulichen Projekte bearbeitet, findet das Ideal der aufgelockerten und gegliederten Stadt in rhythmisch angeordneten Baumassen eine kongeniale architektonische Umsetzung. So zeigt etwa das Continental-Hochhaus, der wohl markanteste Bau Zinssers in Hannover, eine Z-förmige Baukörperkonfiguration, mit der er die Baumassen gliedert und differenzierte Außenräume bildet.

Nachdem er 1971 an der Hochschule emeritiert wird, zieht sich Zinsser 1973 auch aus dem Architekturbüro zurück, das fortan von Hans-Jürgen Meyer-Delvendahl, der seit 1965 als Partner firmiert, weitergeführt wird. Für die Hauptverwaltung der Kali-Chemie und die Geschäftsbücherfabrik Edler & Krische wird er 1976 mit dem Architekturpreis des BDA Niedersachsen ausgezeichnet. Neben Architekten wie Werner Dierschke, Dieter Oesterlen oder Friedrich Lindau hat Ernst Zinsser das Stadtbild Hannovers in der Nachkriegszeit geprägt und die architektonische Entwicklung durch seine Bauten und seine Lehrtätigkeit beeinflußt. Ernst Zinsser stirbt im Alter von 81 Jahren in Hannover.


Oktober 2002

Literatur:

Ralph Haas: Ernst Zinsser, Leben und Werk eines Architekten der Fünfziger Jahre in Hannover. Hannover, 2000

Wilhelm Hofmann: Ernst Zinsser - Bauen in Hannover In: Der Architekt Heft 1/1982, S. 26-27

Universität Hannover: Catalogus Professorum 1831 - 1981. Festschrift zum 150jährigen Bestehen der Universität Hannover. Hannover, 1981

Thingplatz Nußberg. Braunschweig 1934-35
. .Thingplatz Nußberg
. .Braunschweig 1934-35
Haus Adenauer. Rhöndorf 1938
. .Haus Adenauer
. .Rhöndorf 1938
VLW-Verwaltungsgebäude. Hannover 1938-39
. .VLW-Verwaltungsgebäude
. .Hannover 1938-39
Sparkasse Goseriede. Hannover 1950
. .Sparkasse Goseriede
. .Hannover 1950
Kali-Chemie - Hauptverwaltung. Hannover 1950-51
. .Kali-Chemie - Hauptverwaltung
. .Hannover 1950-51
Wohnbebauung Kreuzkirche. Hannover 1950-51
. .Wohnbebauung Kreuzkirche
. .Hannover 1950-51
Continental-Hochhaus. Hannover 1952-53
. .Continental-Hochhaus
. .Hannover 1952-53
Geschäftshaus Stichweh. Hannover 1954
. .Geschäftshaus Stichweh
. .Hannover 1954
Ernährungs- und Landwirtschaftsministerium. Kiel 1955-56
. .Ernährungs- und Landwirtschaftsministerium
. .Kiel 1955-56
Kanzlei der evangelischen Kirche. Hannover 1964-65
. .Kanzlei der evangelischen Kirche
. .Hannover 1964-65