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. . . Fritz Schumacher. 1869 - 1947

Portrait Fritz Schumacher

Geboren am 4.11.1869 in Bremen

1889 - 93 Studium an der TH München und TH Charlottenburg
1895 - 99 Mitarbeiter im Stadtbauamt Leipzig bei Hugo Licht
1899 - 1909 Professor an der TH Dresden

1907 Gründungsmitglied im Deutschen Werkbund
1909 - 33 Oberbaudirektor in Hamburg
1920 - 23 Technischer Bürgermeister in Köln

Gestorben am 5.11.1947 in Hamburg

 

 


Friedrich Wilhelm Schumacher wird 1869 in Bremen geboren, einer alten und renommierten Bremer Familie entstammend. Seine Kindheit verlebt er in Bogota / Kolumbien sowie in New York / USA, wo sein Vater ab 1872 bzw. 1875 deutscher Generalkonsul ist. Ohne seine Eltern kehrt er 1883 nach Bremen zurück und macht am Ratsgymnasium sein Abitur. Er beginnt zunächst ein Studium der Naturwissenschaften und Mathematik in München, wechselt aber nach einem Jahr zur Architektur. Nach einem Praktikum bei dem Architekten Johann Georg Poppe in Bremen und einem Gastsemester in Berlin 1891 absolviert er bei seinem Lehrer Friedrich von Thiersch 1893 das Examen in München. Zwar ist das Hochschulstudium gegen Ende des 19. Jahrhunderts noch ganz dem vorherrschenden Historismus verhaftet, aber mit Schriften wie dem "Städtebau" von Camillo Sitte kommt Schumacher bereits mit frühen Reformbestrebungen in Kontakt. Nach dem Examen findet er eine Anstellung im Architekturbüro von Gabriel Seidl in München, bei dem er Theodor Fischer kennen lernt und sich mit ihm anfreundet.

Auf Vermittlung von Theodor Fischer findet Schumacher 1895 Beschäftigung im Leipziger Stadtbauamt unter Hugo Licht und arbeitet am Entwurf des neuen Leipziger Rathauses mit. Neben dieser Tätigkeit realisiert er auch einige Landhausentwürfe, bei denen für Schumacher zunehmend regionale Aspekte Einfluß auf die Architektur gewinnen. Seine Forderungen nach Einfachheit, Handwerklichkeit und Lokalbezug der Architektur veröffentlicht er 1899 in dem Buch "Im Kampfe um die Kunst". Aufgrund seiner Reformbestrebungen wird Schumacher 1899 auf Anregung von Cornelius Gurlitt als Professor an die TH Dresden berufen, an der er in seinen außerordentlich gut besuchten Vortragsreihen über "Stil und Technik" oder "Antike Baukunst" neue Wege in der Architekturlehre beschreitet. Daneben engagiert sich Schumacher in der Erneuerung des Kunstgewerbes und ist maßgeblich an der Organisation der 3. Deutschen Kunstgewerbeausstellung 1906 in Dresden beteiligt. Aus dem Gedanken der Ausstellung heraus, künstlerisches Schaffen und industrielle Produktion zu vereinen, wird ein Jahr später der Deutsche Werkbund gegründet. Fritz Schumacher gehört zu den Gründungsmitgliedern und hält am 5. Oktober 1907 in München die Gründungsrede, in der er als Ziel der Vereinigung die Forderung erhebt, die entstandene Trennung zwischen dem ausführenden und dem erfindenden Geiste zu überbrücken, um die Qualität kunstgewerblicher Erzeugnisse anzuheben.

Nachdem er mehrere Angebote wie die Leitung der Kunstakademie Breslau oder den Posten als Stadtbaurat von Charlottenburg ablehnt, auch, weil er in Dresden und Leipzig erstmals staatliche Bauaufträge erhält, nimmt er 1909 den Ruf als Baudirektor in Hamburg an und projektiert noch in Dresden erste Bauten. Anknüpfend an regionale Bautraditionen favorisiert er den Backstein als Baumaterial für Hamburg. Im Gegensatz zum reinen Heimatschutz-Gedanken verwendet Schumacher den Backstein aber aufgrund dessen Eigenschaften wie der Handwerklichkeit und Konstruktionsehrlichkeit sowie des gestalterischen Reichtums an Formen und Farbe. Mit seinen Hamburger Entwürfen vor dem 1. Weltkrieg knüpft er an der vom Baudirektor Albert Erbe für die Hamburger Staatsbauten bereits eingeführten Reformarchitektur an. Schumachers Bauten zeigen schlichte, monumentale Formen und historische Reminiszenzen, ohne aber Vorbilder der Baugeschichte lediglich zu kopieren. Auch städtebaulich kann er mit der Bebauung der Mönckebergstraße und der Anlage des Stadtparks bereits wichtige Projekte der Stadtentwicklung beeinflussen. Mit seinen Planungen sowie dem Buch "Das Wesen des neuzeitlichen Backsteinbaues" nimmt er so starken Einfluß auf die Hamburger Architektur.

Nach dem Ersten Weltkrieg gewinnt Schumacher 1919 den Wettbewerb um die Gestaltung des "Inneren Rayons" in Köln, eines aufgegebenen Festungsringes. Auf Drängen des Kölner Oberbürgermeisters Konrad Adenauer wird Schumacher für drei Jahre in Hamburg beurlaubt und wird Technischer Bürgermeister von Köln, wo er auf der Grundlage seines Wettbewerbentwurfes einen Generalsiedlungsplan entwickelt, in dem er langfristige Wachstumsperspektiven aufzeigt. Bei der Rückkehr nach Hamburg wird auf seine Forderung hin eine Abteilung für den Städtebau eingerichtet und ihm als Oberbaudirektor unterstellt. Er entwickelt das Konzept eines organischen Stadtwachstums mit Wohnsiedlungen am Rande der Stadt wie der Jarrestadt oder dem Dulsberg, die sich wie ein Gürtel um Hamburgs alten Leib legen, wie Schumacher es charakterisiert. Über die staatliche Beleihungskasse, von der zahlreiche Kleinwohnungsbauprogramme gefördert werden, kann er die Gestaltung der Wohnhäuser beeinflussen, bei denen er aber in der Umsetzung der Reformbestrebungen im Kleinwohnungsbau von einer jungen Architektengeneration wie Karl Schneider, Paul Frank oder Robert Friedmann Unterstützung findet, die die Ideale des Neuen Bauens vertreten. Auch in seinen eigenen Bauten, bei denen in der Weimarer Republik zahlenmäßig die Volksschulen dominieren, findet Schumacher zu einer modernen, rationalistischen Gestaltung im Sinne des Neuen Bauens. Ein breiter Konsens in der Verwendung des Backsteins verleiht den Neubaugebieten städtebauliche Geschlossenheit, die noch Jahrzehnte später vorbildhaft wirkt.

Im Mai 1933 wird Schumacher vorzeitig in den Ruhestand versetzt, da er der neuen nationalsozialistischen Regierung als Exponent des Bauschaffens der Weimarer Republik gilt. Verstärkt widmet sich Schumacher der schriftstellerischen Tätigkeit, mit der er schon seit dem Studium seine Architekturauffassung begleitet, und veröffentlicht unter anderem eine Autobiographie. Wesentliche Ideen Schumachers für eine organische Stadtentwicklung Hamburgs finden ihre Umsetzung in den Generalbebauungsplänen von 1941 und 1944, die von seinem früheren Mitarbeiter Konstanty Gutschow erstellt werden, der sich mit Schumacher weiterhin berät. Die Bildung von Groß-Hamburg 1937 schafft dafür eine planerische Grundlage, die von Schumacher in Zusammenarbeit mit seinem Altonaer Amtskollegen Gustav Oelsner schon in der Weimarer Republik vorbereitet worden ist. 1943 wird Schumachers Wohnung durch Bomben zerstört, er findet Unterkunft bei Freunden in Lüneburg. Nach Ende des 2. Weltkriegs beteiligt sich Schumacher an der Diskussion um den Wiederaufbau Hamburgs mit einem Vortrag im Hamburger Rathaus im Oktober 1945, in dem er Auflockerung und Durchgrünung als Grundlagen des Wiederaufbaus empfiehlt, wie bereits im Generalbebauungsplan von 1944 von Konstanty Gutschow geplant. Noch in der ersten Ausgabe der von Alfons Leitl herausgegebenen Zeitschrift "Baukunst und Werkform" 1947 gehört er zu den Unterzeichnern der "Grundsätzlichen Forderungen" zum Neuaufbau.

Von der Zerstörung seiner Bauten betroffen und nach langer Krankheit stirbt Fritz Schumacher 1947 in Hamburg. Neben Peter Behrens, Theodor Fischer oder Hans Poelzig gehört Fritz Schumacher zu den herausragenden Wegbereitern der modernen Architektur, der in seinen eigenen Bauten wie in der Diskussion über traditionelle oder moderne Tendenzen der Architektur die Rolle eines Mittlers einnimmt. Vor allem aber hat er, neben Ernst May, die Bedeutung eines modernen Städtebaus für die Entwicklung der Großstadt erkannt und geprägt.


Mai 2002

Literatur:

Arbeitsgruppe Fritz-Schumacher-Colloquim: Zur Aktualität der Ideen von Fritz Schumacher. Hamburg, 1992

Denkmalschutzamt Hamburg: Fritz Schumacher Hamburger Staatsbauten 1909 - 1919/21. Hamburg, 1995

Manfred F. Fischer: Fritz Schumacher, Bauten und Planungen in Hamburg. Hamburg, 1994

Hartmut Frank: Fritz Schumacher. Reformkultur und Moderne. Stuttgart, 1994

Johannes Göderitz: Fritz Schumacher - Sein Schaffen als Städtebauer und Landesplaner. Tübingen, 1950

Hermann Hipp: Fritz Schumachers Hamburg - Die reformierte Großstadt.
In: Vittorio Magnano Lampugnani, Romana Schneider: Moderne Architektur in Deutschland 1900-1950 - Reform und Tradition. Stuttgart, 1992

Werner Kallmorgen: Schumacher und Hamburg, eine fachliche Dokumentation zu seinem 100. Geburtstag. Hamburg, 1969

Werner Kayser: Fritz Schumacher, Architekt und Städtebauer. Eine Bibliographie. Hamburg, 1984

Dagmar Löbert: Fritz Schumacher (1869 bis 1947). Bremen, 1999

Fritz Schumacher: Stufen des Lebens. Erinnerungen eines Baumeisters. Stuttgart, 1935

Villa Iken. Rockwinkel 1900
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Wohnhaus Kronprinzenstraße. Bremen 1907
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Krematorium. Dresden 1908-11
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Handelshochschule. Leipzig 1908-11
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Kunstgewerbeschule. Hamburg 1911-13
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Johanneum. Hamburg 1912-14
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Museum für Hamburgische Geschichte. Hamburg 1913-22
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Volksschule Ahrensburger Straße. Hamburg 1919-23
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Finanzdeputation. Hamburg 1918-26
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Volksschule Wendenstraße. Hamburg 1928-29
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