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. . . Friedrich Tamms. 1904 - 1980

Portrait Friedrich Tamms

Geboren am 4.11.1904 in Schwerin

1923 - 29 Studium an der TH München und TH Berlin
1929 - 34 Mitarbeiter im Brückenbauamt Berlin
1935 - 39 Beratender Architekt der Reichsautobahn

1938 - 45 Mitarbeiter in der Generalbauinspektion Berlin bei Albert Speer
1942 - 45 Professor für Entwerfen an der TH Berlin
1948 - 69 Leiter des Stadtplanungsamtes Düsseldorf

Gestorben am 4.7.1980 in Düsseldorf

 

 


Friedrich Wilhelm Gustav Tamms beginnt sein Architekturstudium nach Besuch des Realgymnasiums 1923 in München und wechselt von dort, zusammen mit seinen Kommilitonen Albert Speer und Rudolf Wolters, 1926 an die Technische Hochschule Berlin-Charlottenburg. Er studiert im Seminar von Hans Poelzig, besucht aber ebenfalls das Seminar von Heinrich Tessenow, der ihm letzten Endes der Richtungsweisende ist. Nach seinem Diplom 1929 findet er eine Anstellung im Berliner Brückenbauamt, in dem er während der Weltwirtschaftskrise beschäftigt ist. Bei seinem Studienfreund Albert Speer ist Tamms 1934 für dessen ersten großen Auftrag, der Berliner Reichskanzlei, tätig. Durch Vermittlung von Paul Bonatz wird Tamms 1934 für die Gestaltung von Brücken der neuen Reichsautobahn hinzugezogen und wird 1935, zusammen mit Bonatz, zum beratenden Architekten der Organisation Todt, zuständig für die Reichsautobahn, ernannt. In dieser Funktion ist Tamms verantwortlich für Brücken und Hochbauten wie der Typentankstelle Fürstenwalde, deren Erscheinungsbild im Stil der Stromlinienform für das "Dritte Reich" überaus moderne Züge zeigt.

Neben dieser Tätigkeit ist Tamms Mitarbeiter des Generalbauinspektors für Berlin, Albert Speer, für den er mehrere Entwürfe für Großbauten der künftigen Stadt "Germania" anfertigt, die aber nicht zur Ausfürung kommen. Daneben ist er während des Zweiten Weltkrieges weiterhin für die Organisation Todt tätig und entwirft für die Führerstädte Berlin, Hamburg und Wien insgesamt acht Flakbunker für die Flugabwehr, die mit Anklängen an mittelalterliche Burgenarchitektur Wehrhaftigkeit suggerieren. Mit Texten wie "Das Große in der Baukunst" profiliert er sich als in den Gestaltungsabsichten nationalsozialistischer Architektur führender Architekt. Er wird durch Adolf Hitler 1942 zum Professor für Entwerfen von Hochbauten an der TH Berlin ernannt. Seit Ende 1943 ist er im von Albert Speer eingerichteten "Arbeitsstab für den Wiederaufbau bombenzerstörter Städte" tätig und übernimmt städtebauliche Planungen für die Städte Aachen und Lübeck. Durch seine unterschiedlichen Tätigkeiten ist er für den Militärdienst unabkömmlich. Bei Kriegsende 1945 läßt er sich zunächst in Gartow bei Hannover nieder. Er führt seine Planungsarbeiten für Lübeck fort und bemüht sich, seine Professur in Berlin wahrzunehmen, was jedoch Ende 1945 aus politischen Gründen scheitert. Trotzdem legt er auch weiterhin größten Wert auf seinen Professorentitel, den er stets betont.

Eine von Paul Bonatz angeregte Berufung als Stadtbaurat von Ankara in der Türkei 1947 scheitert an einer Ausreisegenehmigung. Stattdessen wird er nach Düsseldorf berufen, wo er seit April 1948 als Leiter des Stadtplanungsamtes für den Wiederaufbau verantwortlich zeichnet. In den Jahren 1948/49 erstellt er einen Aufbauplan, der mit gezielter Öffentlichkeitsarbeit hohe Anerkennung in der Bevölkerung erfährt und Anfang 1950 beschlossen wird. Die Verkehrsplanung, Kernstück des Aufbauplanes, erregt Widerstand bei einigen modern gesinnten Düsseldorfer Architekten, speziell die starren Fluchtlinien der straßenbegleitenden Bebauung. Daraufhin schließen sich zehn Architekten, unter Führung von Bernhard Pfau, zum "Architektenring Düsseldorf" zusammen, in Anlehnung an den Berliner "Ring" der Zwanziger Jahre. Ein Gegenplan, der auf modernsten städtebaulichen Idealen basiert und die Trennung von Auto- und Fußgängerverkehr fordert, findet keine Berücksichtigung im Aufbauplan von Tamms, der die Grundlage der beginnenden Wiederaufbaumaßnahmen bildet.

Friedrich Tamms pflegt in Düsseldorf weiterhin Verbindungen aus der Zeit des "Dritten Reichs", auch wenn er selber kein Mitglied der NSDAP war. Von seiten des "Architektenrings" wird ihm die Bevorzugung befreundeter Architekten wie Helmut Hentrich, Konstanty Gutschow oder Rudolf Wolters vorgeworfen, die in zahlreichen Wettbewerben, in denen Tamms im Preisgericht sitzt, erfolgreich sind. Diese Vorwürfe eskalieren, als Julius Schulte-Frohlinde, ehemaliger Architekt der Deutschen Arbeitsfront DAF, auf Betreiben von Friedrich Tamms 1952 als Leiter des Düsseldorfer Hochbauamtes berufen wird und das neue Rathaus in sehr konservativer Manier entwirft. Der Streit um diese Berufung wird als "Düsseldorfer Architekturstreit" bekannt, und in seiner über zwanzigjährigen Amtszeit in Düsseldorf bleibt Tamms immer wieder Anfeindungen aufgrund dieses Beziehungsgeflechts mit namhaften Personen des "Dritten Reichs" ausgesetzt.

Düsseldorf entwickelt sich aber in den Fünfziger Jahren unter Friedrich Tamms zu einem Zentrum der Nachkriegsmoderne. Durch einen 1954 beschlossenen neuen Leitplan, der eine durch Hochhäuser und Autostraßen gegliederte Stadtlandschaft vorsieht, gilt Düsseldorf als Lehrstück fortschrittlichen Städtebaus der Nachkriegszeit, wofür Friedrich Tamms maßgeblich verantwortlich ist. Neben seiner städtebaulichen Planungstätigkeit entwirft Tamms zahlreiche Brückenbauten im Rahmen des neuen Straßenkonzeptes. Am bekanntesten ist darunter die sogenannte "Brückenfamilie", drei formal ähnliche Schrägseilbrücken, die im Zentrum von Düsseldorf den Rhein überspannen und zu den Höhepunkten modernen Brückenbaus in Deutschland zählen. Außerdem ist Tamms für den Entwurf weiterer kommunaler Hochbauten wie der Kongreßhalle verantwortlich. Friedrich Tamms genießt trotz diverser Anfeindungen eine hohe Reputation und ist seit 1954 als städtischer Beigeordneter zuständig für Stadt- und Landesplanung, seit 1960 ist er Dezernent für das Bauwesen der Stadt. Ebenso ist er in der Akademie für Städtebau und Landesplanung tätig und verfaßt zahlreiche Publikationen.

Nach Ausscheiden aus seinem Amt in der Stadtplanung am 1.12.1969 bleibt Tamms als freischaffender Planer tätig, so entwirft er das Düsseldorfer Rheinstadion für die Fußball-Weltmeisterschaft 1974. Sein Hauptaugenmerk gilt zeitlebens aber hauptsächlich dem Brückenbau, auf den er sich auch in Verteidigung seiner Tätigkeit im "Dritten Reich" beruft. Er fühlt sich einer "Funktionselite" angehörig, deren Beschäftigung mit rein sachlichen Fragen ihn von einer moralischen Verantwortung für die Zeit des "Dritten Reichs" entbindet. Friedrich Tamms verstirbt 1980 in Düsseldorf, das ihm in der Nachkriegszeit zur neuen Heimat geworden ist und zu dessen Ehrenbürger er ernannt wird.


Mai 2001

Literatur:

Henning Angerer: Flakbunker. Betonierte Geschichte. Hamburg, 2000

Werner Durth: Deutsche Architekten. Biographische Verflechtungen 1900-1970. Braunschweig, 1986

Friedrich Tamms: Von Menschen, Städten und Brücken. Düsseldorf, 1974

Friedrich Tamms: Ein Baumeister und seine Stadt. Düsseldorf, 1979

Autobahnbrücke Berliner Ring. Berlin 1937
. .Autobahnbrücke Berliner Ring
. .Berlin 1937
Autobahntankstelle. Fürstenwalde 1937
. .Autobahntankstelle
. .Fürstenwalde 1937
Autobahnbrücke. Eisenberg 1937
. .Autobahnbrücke
. .Eisenberg 1937
Autobahnbrücke Saaletal. Jena 1935-37
. .Autobahnbrücke Saaletal
. .Jena 1935-37
Bildhaueratelier Gravel. Oderbruch 1938
. .Bildhaueratelier Gravel
. .Oderbruch 1938
Flakbunker Heiligengeistfeld. Hamburg 1942
. .Flakbunker Heiligengeistfeld
. .Hamburg 1942
Flakbunker Augarten. Wien 1943-44
. .Flakbunker Augarten
. .Wien 1943-44
Theodor-Heuss-Brücke. Düsseldorf 1955-57
. .Theodor-Heuss-Brücke
. .Düsseldorf 1955-57
Kongreßhalle. Düsseldorf 1960-61
. .Kongreßhalle
. .Düsseldorf 1960-61
Rheinstadion. Düsseldorf 1970-73
. .Rheinstadion
. .Düsseldorf 1970-73