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. . . Werner Kallmorgen. 1902 - 1979

Portrait Werner Kallmorgen

Geboren am 15.8.1902 in Altona

1920 - 25 Studium an der TH München und TH Dresden
1927 - 28 Mitarbeiter im Hochbauamt Altona bei Gustav Oelsner
1928 Gründung des eigenen Architekturbüros in Altona

1945 - 47 Mitglied im Arbeitssausschuß Stadtplanung in Hamburg
1963 Büro-Partnerschaft Kallmorgen & Partner
1974 Ausscheiden aus dem Architekturbüro

Gestorben am 26.1.1979 in Heimhart

 

 


Max Georg Werner Kallmorgen wird 1902 in Altona geboren, er entstammt einer Altonaer Baumeister-Familie. Schon sein Großvater Friedrich Kallmorgen war Maurermeister und Bauunternehmer, sein Vater Georg Kallmorgen gehört als Mitinhaber des Architekturbüros Lundt & Kallmorgen in den Jahren der Jahrhundertwende zu den renommiertesten Privatarchitekten im Hamburg-Altonaer Raum. Werner Kallmorgen besucht die Oberrealschule in Altona, wo er 1920 sein Abitur besteht. Da er aufgrund der politischen Situation nach dem 1. Weltkrieg keinen Militärdienst ableisten muß, beginnt er unmittelbar anschließend ein Bauingenieur-Studium, zunächst in Berlin, ab dem Sommer 1921 dann in München. Mit dem Vordiplom wechselt er nach Dresden, wo er zwei Jahre lang Architektur studiert. Nach dem Tod seines Vaters kehrt er 1925 nach Altona zurück; da aber eine Bewerbung bei Karl Schneider, dem bedeutendsten Protagonisten der modernen Architektur in Altona erfolglos bleibt, geht Kallmorgen für zwei Jahre nach Polen, wo er in der Wäldern Galiziens einen kriegszerstörten Gutshof der Familie seiner Mutter als Bauleiter wieder aufbaut.

Zurück in Altona findet Kallmorgen eine Anstellung im Hochbauamt der Stadt, das seit 1924 von dem Bausenator Gustav Oelsner geleitet wird. Unter Oelsner entstehen zahlreiche Wohnsiedlungsprojekte und kommunale Hochbauten im Geiste der Neuen Sachlichkeit, die in ihrer radikalen Modernität den Bauten von Karl Schneider nicht nachstehen. Bereits 1928 gründet Werner Kallmorgen ein eigenes Architekturbüro und führt zunächst Aufträge für Wohnungsbauten aus, die dem Umfeld des öffentlichen Bauwesens in Altona entstammen. Schnell etabliert sich Kallmorgen mit seinen Bauten und einer städtebaulichen Studie für den Berliner Tiergarten als Exponent der radikalen Moderne, mit der er sich von der historistischen Architektur seines Vaters deutlich distanziert. Bis zum Anfang der dreißiger Jahre kann er in Altona und dem Hamburger Umland mehrere Bauten realisieren, die mit ihren kubischen Baukörpern, Flachdächern und den meist in einem leuchtenden weiß gehaltenen Fassaden die Insignien des Neuen Bauens tragen. In den Jahren der Weltwirtschaftskrise entwickelt Kallmorgen Konzepte zur Unterteilung von Villen und akquiriert seine Aufträge dafür, indem er systematisch Besitzer von Villenbauten seines Vaters kontaktiert. Damit findet er in diesen auftragsarmen Jahren ein Auskommen.

Ab Mitte der dreißiger Jahre erhält Kallmorgen wieder zunehmend Aufträge für Einfamilienhäuser, die unter den neuen politischen Bedingungen des Nationalsozialismus eine modifizierte Gestaltung erfahren. Charakteristisch für diese Bauten sind große Steildächer, die mit starken Verschneidungen sowie mit der Dachgeometrie spielenden Gauben ein eigenständiges Gestaltungselement darstellen, das eine klare Distanz zu dem politisch motivierten Prinzip der Bodenständigkeit bewahrt. Mit dem Kriegsbeginn 1939 versiegt die private Bautätigkeit wieder, und auf Ratschlag von Konstanty Gutschow, dem "Architekten für die Neugestaltung Hamburgs", tritt Kallmorgen in die NSDAP ein. Während des Krieges wird er durch Gutschow zu Wettbewerben, Gutachten und Bebauungsplanentwürfen aufgefordert, in denen Konzepte für den Wiederaufbau und die Umgestaltung Hamburgs entwickelt werden. Durch diese Tätigkeit kann Kallmorgen ebenso wie zahlreiche andere Hamburger Architekten wie Georg Wellhausen, Friedrich Dyrssen oder Max Paasche vermeiden, zum Kriegsdienst eingezogen zu werden.

Nach Ende des 2. Weltkriegs wird Kallmorgen in den Ende 1945 gegründeten Arbeitsausschuß Stadtplanung berufen und ist im Bereich der Arbeitsstättenplanung tätig. Der bis 1947 erarbeitete Generalbebauungsplan basiert dabei im Wesentlichen auf den städtebaulichen Planungen Konstanty Gutschows. Noch im Sommer 1945 wird Kallmorgen von der britischen Militärregierung mit der Wiederinstandsetzung des kriegszerstörten Speichers P in der Speicherstadt beauftragt, wohl durch den Umstand begründet, daß er nach seiner Scheidung 1944 im ehemaligen Zollamt gegenüber eingezogen ist. Aus diesem ersten Auftrag entwickelt sich der Wiederaufbau der gesamten Speicherstadt, der bis Ende der sechziger Jahre andauert. Mit subtilen Ergänzungen und harmonisch eingefügten Neubauten zeigt Kallmorgen einen für die Wiederaufbaujahre ungewöhnlichen Respekt bei gleichzeitiger kritischer Distanz im Umgang mit der überkommenen Formensprache der neogotischen Speicherstadt. Speziell durch die Verwendung des ortstypischen Backsteins gelingt es ihm, die städtebauliche Geschlossenheit der Speicherstadt zu bewahren.

Ein weiterer Schwerpunkt ist die Wiederaufbauplanung zerstörter Theaterbauten wie der Laves-Oper in Hannover, dem Kieler Stadttheater oder dem Thalia-Theater in Hamburg. Seine in die historischen Bauten eingefügten Theaterräume basieren auf der Idee, die klassische Guckkastenbühne zu überwinden und den Zuschauerraum räumlich mit der Bühne zu vereinen. Durch seine Bauten als Experte ausgewiesen, beeinflußt er den deutschen Theaterbau der Nachkriegszeit als Gutachter und Wettbewerbsrichter in erheblichem Maße. 1963 geht er eine Büropartnerschaft mit Karlheinz Riecke, Gustav Karres und seinem Sohn Thomas Kallmorgen ein, um die große Anzahl an Bauaufträgen besser bewältigen zu können. Für den Wohnsiedlungsbau entwickelt das Büro ab 1959 in Zusammenarbeit mit dem französischen Bauindustriellen Camus und der Montagebau Thiele GmbH das Großtafel-Fertigbausystem Camus, wofür speziell Thomas Kallmorgen dafür verantwortlich zeichnet. Es ist das erste gezielt auf deutsche Normen abgestimmte Fertigteil-Bausystem, dessen starre Bauweise aber auch einen Verlust an Gestaltungsmöglichkeiten bringt. Während Kallmorgens Architektur in den Fünfziger Jahren eher an der skandinavischen Moderne orientiert ist, werden seine Bauten der sechziger Jahrene stärker durch amerikanische Vorbilder geprägt. In Kallmorgens latentem Klassizismus, insbesondere beim Krankenhaus Altona oder dem Ladenzentrum Kieler Straße, ist vor allem der Einfluß von Mies van der Rohe oder Erik Gunnar Asplund erkennbar.

Ende 1974 zieht sich Kallmorgen aus dem Architekturbüro zurück, das als Riecke & Karres weiter besteht. Durch öffentliche Anfeindungen um die Baukostenüberschreitungen beim AK Altona persönlich getroffen, zieht Kallmorgen ins bayerische Heimhart, wo er Anfang 1979 verstirbt. Kallmorgens Bauten des Wiederaufbaus suchen den spannungsvollen, bewußten Kontrast mit dem architektonischen Erbe, vergleichbar mit den Bauten von Dieter Oesterlen. Mit seinen architektonischen wie städtebaulichen Impulsen auf das Bauschaffen der Nachkriegszeit ist Kallmorgen, obwohl auf nationaler Ebene durch seine Beschränkung auf den Hamburger Raum lediglich über seine Theaterbauten bekannt, neben Bernhard Hermkes, Schramm & Elingius oder Godber Nissen einer der bedeutendsten Hamburger Architekten der Nachkriegszeit.


Juli 2003

Literatur:

Olaf Bartels: Altonaer Architekten - eine Stadtbaugeschichte in Biographien. Hamburg, 1997

Norbert Baues: Werner Kallmorgen: Erbe und Erneuerer.
In: Architektur in Hamburg Jahrbuch 1990, S. 122-129

Ulrich Cornehl: Raummassagen. Der Architekt Werner Kallmorgen 1902 - 1979. Hamburg, 2003

Ernst Barlach Haus: Das Neue gegen das Alte. Werner Kallmorgen - Hamburgs Architekt der Nachkriegszeit. Hamburg, 2003

Jürgen Joedicke: Portrait Werner Kallmorgen.
In: db 7/1963, S. 570-573

Ralf Lange: Hamburg Wiederaufbau und Neuplanung 1943-1963. Königstein, 1994

Haus Nordwald. Altona 1929-30
. .Haus Nordwald
. .Altona 1929-30
Wohnhaus Mörkenstraße. Altona 1930-31
. .Wohnhaus Mörkenstraße
. .Altona 1930-31
Haus Wetzel. Hamburg 1936-37
. .Haus Wetzel
. .Hamburg 1936-37
Wohnsiedlung Gutenbergstraße. Hamburg 1937-38
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. .Hamburg 1937-38
Freihafenamt. Hamburg 1952-53
. .Freihafenamt
. .Hamburg 1952-53
Wohnsiedlung Beerboomstücken. Hamburg 1955-60
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. .Hamburg 1955-60
Ernst Barlach - Museum. Hamburg 1961-62
. .Ernst Barlach-Museum
. .Hamburg 1961-62
IBM- und Spiegel-Hochhaus. Hamburg 1965-68
. .IBM- und Spiegel-Hochhaus
. .Hamburg 1965-68
Allgemeines Krankenhaus Altona. Hamburg 1961-70
. .Allgemeines Krankenhaus Altona
. .Hamburg 1961-70
Wohnsiedlung Hexenberg. Hamburg 1971-74
. .Wohnsiedlung Hexenberg
. .Hamburg 1971-74