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. . . Carl Gustav Bensel. 1878 - 1949

Portrait Carl Gustav Bensel

Geboren am 3.4.1878 in Iserlohn

1897 - 1902 Studium an der TH Berlin-Charlottenburg und TH Dresden
1905 - 10 Mitarbeiter der Preußischen Eisenbahn-Direktion in Köln
1910
Gründung des eigenen Architekturbüros in Düsseldorf
1913 Übersiedelung nach Hamburg
1924 - 43 Büropartnerschaft mit Johann Kamps und Heinrich Amsinck
1929 - 31 Mitglied im BDA-Bundesvorstand

Gestorben am 10.11.1949 in Hamburg

 

 


Carl Gustav Bensel wird im westfälischen Iserlohn geboren. Er beginnt ein Studium der Philosophie und Kunstgeschichte, von wo er schließlich zur Architektur wechselt. Nach seinem Hochschulabschluß absolviert er eine Ausbildung zum Regierungsbaumeister und ist Mitarbeiter der preußischen Eisenbahndirektion in Köln bei Baurat Mettegang. Unter Verzicht auf historistische Applikationen entstehen dort den verkehrstechnischen Bedürfnissen entsprechende Bahnhofsbauten, die zu den frühen Beispielen der Reformarchitektur im Rheinland zählen. Neben der eigenständigen Bearbeitung von Bahnhöfen in Mönchengladbach und Rheydt erhält Bensel auch Privataufträge der Crefelder Eisenbahn-Gesellschaft, die es ihm ermöglichen, 1910 aus dem Staatsdienst auszuscheiden und in Düsseldorf ein eigenes Architekturbüro zu eröffnen. Außer den Bahnhofsbauten kann Bensel auch mehrere Wohnhäuser errichten, die architektonisch an holländischen Vorbildern orientiert sind, deren vor allem durch Hendrik Petrus Berlage geprägte Ziegelbauweise im Rheinland zu einer Wiederbelebung regionaler Backsteinbautraditionen führt.

Auf Anregung von Alfred Lichtwark, einem führenden Vertreter der norddeutschen Heimatschutzbewegung, beteiligt sich Bensel an Wettbewerben für Geschäftshäuser der Mönckebergstraße in Hamburg, für die ab 1908 weite Teile der Altstadt abgerissen werden. Nach Wettbewerbserfolgen beauftragt ihn der Bauunternehmer Franz Bach mit der Fassadengestaltung seiner Geschäftshausbauten, woraufhin Bensel 1913 nach Hamburg übersiedelt. Während die Gebäudestrukturen von Bach vorgegeben sind und mit Stahlbetonskeletten bereits über moderne Konstruktionen verfügen, nimmt Bensel in der Fassade mit Giebelgliederungen und dem Baumaterial Backstein Motive der lokalen Baugeschichte auf. Unter Einflußnahme des neuen Oberbaudirektors Fritz Schumacher kann Bensel aber zunehmend von historischen Zitaten befreite Fassaden verwirklichen, deren strenge Vertikalgliederung eine gestalterische Einheit mit der konstruktiven Logik der Bauten bildet. Mit diesen Bauten kann Bensel, neben Fritz Höger das Erscheinungsbild der Mönckebergstraße maßgeblich prägen.

Bensels erfolgreicher Beginn in Hamburg wird durch den Ersten Weltkrieg unterbrochen, lediglich sein Fassadenentwurf des Heizkraftwerks Tiefstack wird während des Krieges verwirklicht. Erst 1919 kann er die Architektentätigkeit wieder aufnehmen, ab 1924 in Partnerschaft mit seinem langjährigen Mitarbeiter Johann Kamps. Neben zahlreichen Privatwohnhäusern wird vor allem der kommunale Wohnungsbau, der in den Zwanziger Jahren zur Bekämpfung der Wohnungsnot in Hamburg durch Fritz Schumacher und im benachbarten Altona durch Gustav Oelsner gefördert wird, ein Hauptaufgabenfeld des Büros. Architektonisch an aktuellen Tendenzen der Zeit orientiert, beeinflussen Bensel & Kamps mit ihren Bauten wie dem Wohnblock an der Lachnerstraße die Ausbildung einer formal eigenständigen, sich durch die virtuose Verwendung des Backsteins auszeichnende Form der Moderne in Hamburg und zählen dort zu den führenden Protagonisten des Neuen Bauens. So gründen sie 1928 gemeinsam mit Block & Hochfeld, Karl Schneider und Paul Frank die Wohnungsbaugesellschaft "Rationell", durch die in Hamburg zwei Zeilenwohnsiedlungen zur Erprobung moderner Baumethoden ausgeführt werden.

In seiner Architektur sucht Carl Gustav Bensel die starre statische Ruhe des überkommenen Historismus durch eine dynamische Raumgestaltung zu überwinden. Als Ausdruck dieser Dynamik weisen seine Bauten asymmetrische Grundformen und kubische Raumdurchdringungen auf, der rein formalen Anwendung von Gestaltungsmerkmalen moderner Architektur steht Bensel dagegen ablehnend gegenüber. In besonderem Maße weisen die Kirchenbauten, die ab Mitte der Zwanziger Jahre zu einem Schwerpunkt des Büros werden, diese Eigenschaften auf. Den zentralen Gedanken dieser Entwürfe stellt das Gemeinschaftserlebnis der Kirchengemeinde dar, das seine bauliche Umsetzung in einem zentralen Baukörper mit räumlich integriertem Altar findet, während Nebenräume im Eingangsbereich als Annex-Bauteile gruppiert werden. Dadurch entsteht eine stark plastische Gliederung, die auf einfachen geometrischen Grundformen basiert. Im gesamten norddeutschen Raum kann das Büro, in das 1929 der Altonaer Architekt Heinrich Amsinck als dritter Partner aufgenommen wird, Kirchenbauten realisieren. Nach Wettbewerbserfolgen in Griechenland entstehen auch dort mehrere Bauten wie das Rot-Kreuz-Krankenhaus oder die Deutsche Schule in Athen. Neben Karl Schneider, Distel & Grubitz oder Klophaus, Schoch & zu Putlitz gehören Bensel, Kamps & Amsinck damit zu den erfolgreichsten Hamburger Architekturbüros in der Weimarer Republik.

Zu Beginn der dreißiger Jahre ist auch Bensels Büro von den Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise speziell durch das Ende der kommunalen Wohnungsbauprogramme betroffen. Dagegen bleibt das Büro trotz seiner führenden Rolle im Hamburger Bauschaffen der Zwanziger Jahre nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 politisch unbehelligt. Durch die Orientierung an niederdeutschen Bautraditionen wandelt sich das Erscheinungsbild von Bensels Bauten, beeinflußt von der nationalsozialistische Ideologie der Bindung an den heimatlichen Boden. So werden vor allem bei den Landhäusern ausladende Strohdächer, die über frei angeordneten Grundrißstrukturen den Baukörpern eine starke Plastizität verleihen, zum dominierenden Gestaltungselement. Als durch den Ausbruch des Zweiten Weltkriegs die private Bautätigkeit weitgehend zum Erliegen kommt, wird auch das Büro Bensel, Kamps & Amsinck durch den Architekten für die Neugestaltung Hamburgs Konstanty Gutschow mit Aufträgen für Gutachten oder die Beteiligung an Wettbewerben weiter beschäftigt. Im Alter von 65 Jahren zieht sich Bensel 1943 von der aktiven Mitarbeit im Büro zurück, das daraufhin in Anbetracht der Kriegssituation aufgelöst wird.

Vier Jahre nach Kriegsende stirbt Carl Gustav Bensel, 71 Jahre alt. Neben Karl Schneider oder Friedrich Ostermeyer gehört er zu jenen Architekten, die den Durchbruch der modernen Architektur in Hamburg begründet haben. Diese beruht für Bensel dabei wesentlich auf einer räumlichen Konzeption, ohne an einen bestimmten stilistischen Ausdruck gebunden zu sein. Aus dieser Haltung resultiert die formale Vielfalt, durch die Bensels Architektur gekennzeichnet ist.


Mai 2004

Literatur:

Bau-Rundschau Sonderheft C. G. Bensel, 1914

Die Baugilde Heft 23/1929, S. 1909-1914

Axel Feuß: Carl Gustav Bensel. In: Saur Allgemeines Künstler-Lexikon Band 9, S. 146. München/Leipzig 1994

Paul Theodor Hoffmann: Neues Altona 1919 1929. Zehn Jahre Aufbau einer deutschen Großstadt, 2. Band, S. 572-575. Jena 1929

Neue Baukunst Heft 2/1926, Sonderheft Regierungsbaumeister Carl G. Bensel

Bahnhofsgebäude. Rheydt 1906-07
. .Bahnhofsgebäude
. .Rheydt 1906-07
Südseehaus. Hamburg 1911-12
. .Südseehaus
. .Hamburg 1911-12
Warenhaus Karstadt. Hamburg 1912-13
. .Warenhaus Karstadt
. .Hamburg 1912-13
Heizkraftwerk Tiefstack. Hamburg 1914-17
. .Heizkraftwerk Tiefstack
. .Hamburg 1914-17
Villa Heutelbeck. Iserlohn 1924-26
. .Villa Heutelbeck
. .Iserlohn 1924-26
Wohnblock Lachnerstraße. Hamburg 1925-26
. .Wohnblock Lachnerstraße
. .Hamburg 1925-26
Einfamilienhäuser Goßlers Park. Altona 1928-29
. .Einfamilienhäuser Goßlers Park
. .Altona 1928-29
St. Paulus-Kirche Billstedt. Hamburg 1930-31
. .St. Paulus-Kirche Billstedt
. .Hamburg 1929-30
St. Johannes-Kirche Rissen. Hamburg 1936-37
. .St. Johannes-Kirche Rissen
. .Hamburg 1936-37
Haus Bensel. Hamburg 1937-38
. .Haus Bensel
. .Hamburg 1937-38